Fragen und Antworten zum Prozessablauf

24.11.2017 Der Pressesprecher des Landgerichts und die Sprecherin der Duisburger Staatsanwaltschaft standen im Vorfeld des Prozesses  Hinterbliebenen und Betroffenen der Loveparade-Katastrophe für Fragen zum Prozessablauf zur Verfügung.

Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten hier noch einmal zusammengefasst. Am Ende finden Sie Links auf die Übersetzungen im PDF-Format.

Um wieviel Uhr beginnt ein Prozesstag?
Das entscheidet das Gericht. Üblicherweise beginnt ein Prozesstag zwischen 9:30 Uhr und 10:30 Uhr. Am Prozessauftakt ist mit großem Andrang zu rechnen. Deshalb sollten Verfahrensbeteiligte, aber auch Zuschauer, ein bis zwei Stunden vorher dort sein. Es finden Einlasskontrollen statt. Nebenkläger werden mit ihrer Ladung zum Termin schriftlich über den Zeitpunkt des Prozessbeginns informiert.

Habe ich als Nebenkläger einen garantierten Sitzplatz?
Ja. Jeder Nebenkläger hat einen Sitzplatz für sich und ggf. für seinen Anwalt. Der Platz wird auch dann freigehalten, wenn man als Nebenkläger an einem oder mehreren Tagen nicht kommt.

Wenn ich als Nebenkläger eine(n) Familienangehörige(n) zum Prozess mitbringe, hat er/sie dann Anspruch auf einen Sitzplatz?
Nein, er oder sie ist dann Teil der Öffentlichkeit und erhält nur im Rahmen der Verfügbarkeit einen Sitzplatz.

Bekomme ich als Nebenkläger aus dem Ausland einen Dolmetscher?
Nebenkläger, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, können bei Gericht beantragen, dass ihnen für die Zeit der Hauptverhandlung ein Dolmetscher bestellt wird. Die Einzelheiten sollten Nebenkläger – ggf. über ihre Anwälte – mit dem Gericht klären.

Welche Rechte habe ich als Nebenkläger?
Nebenkläger haben an jedem Prozesstag ein Anwesenheitsrecht. Im Rahmen der Prozessordnung können sie auch Fragen und Beweisanträge stellen. Wenn der Prozess mit einem Urteil beendet wird, mit dem die Nebenkläger nicht zufrieden sind, haben sie das Recht, dagegen Rechtsmittel einzulegen. Dies gilt allerdings nur beschränkt. Nebenkläger können ihre Revision nicht darauf stützen, dass bei einer Verurteilung eine schwerere Strafe verhängt werden soll und sie können Rechtsmittel nur insoweit einlegen, wie ihre Stellung als Nebenkläger betroffen ist.

Kann ich als Nebenkläger Zeugen aufrufen?
Nebenkläger können Beweisanträge stellen. Dazu gehört auch, dass sie beantragen können, zu bestimmten Tatsachen Zeugen zu hören. Über den Antrag entscheidet das Gericht.

Darf ich als Nebenkläger Zeugen befragen?
Im Rahmen der Prozessordnung steht neben dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern und den Nebenklägern grundsätzlich das Recht zu, Fragen an Zeugen zu richten. In der konkreten Verhandlungssituation kann nur derjenige Fragen stellen, dem der Vorsitzende Richter das Fragerecht erteilt hat.

Wer trägt die entstehenden Reisekosten der Nebenkläger?
Dies sollte man auf jeden Fall vorher mit dem Gericht klären.

Für den Fall, dass am Ende nach einem Urteil Rechtsmittel eingelegt werden: Wer entscheidet darüber?
Das Rechtsmittel ist die Revision. Darüber entscheidet der Bundesgerichtshof in Karlsruhe.

Bekomme ich als Zeuge aus dem Ausland einen Dolmetscher?
Zeugen aus dem Ausland bekommen nur während ihrer Vernehmung durch das Gericht einen Dolmetscher.

Haben Prozessbeobachter/Besucher aus dem Ausland Anspruch auf einen Dolmetscher?
Nein.

Kann man vorher erfahren, welches die jeweils relevanten Tage für den Prozess sind?
Für das Gericht ist jeder Verhandlungstag wichtig. Wann bestimmte Zeugen vernommen werden, obliegt allein der Planung des Gerichts.

Wie lange wird der Prozess dauern?
Das kann man nicht vorhersagen. Die Richter wollen an drei Tagen pro Woche verhandeln. Es sind aber auch Unterbrechungszeiten für die Prozessbeteiligten einzuplanen.

Was passiert, wenn der Prozess im Juli 2020 noch nicht abgeschlossen ist?
Dann tritt die absolute Verjährung ein und es ergeht ein Urteil, das nur die Verjährung feststellt.

Tritt die absolute Verjährung auch dann ein, wenn es bis dahin ein Urteil gibt, aber Revision eingelegt wird?
Nein. Wenn vor Eintritt der Verjährung ein Urteil gesprochen worden ist, kann Verjährung nicht mehr eintreten. Das Revisionsverfahren wird dann in jedem Fall durchgeführt.

Kann ich zivilrechtliche Ansprüche wie z.B. Schadenersatz auch im Strafprozess geltend machen?
Das ist unter bestimmten Umständen möglich („Adhäsionsklage“). Darüber sollte man sich mit seinem Rechtsanwalt beraten.

Warum wurden der damalige Oberbürgermeister Adolf Sauerland und der Geschäftsführer der Lopavent GmbH, Rainer Schaller, nicht angeklagt?
Weil die mit hohem Aufwand betriebenen Ermittlungen, in deren Verlauf insbesondere auch die Rolle des damaligen Oberbürgermeisters und des Geschäftsführers der Lopavent GmbH intensiv untersucht wurde, keine Anhaltspunkte dafür erbracht haben, dass diese in die Einzelheiten der Planung, Genehmigung und Durchführung der Veranstaltung in einer Weise eingebunden waren, dass ihnen im strafrechtlichen Sinn ein Schuldvorwurf zu machen wäre.

Kann erneut Anklage erhoben werden, wenn sich im Verlauf des Prozesses herausstellen sollte, dass es weitere Verantwortliche gibt?
Nein, da insoweit die Strafverfolgungsverjährung bereits eingetreten ist.

Warum haben die zehn Angeklagten 24 Verteidiger?
Bei einem Prozess von so langer Dauer muss eine effektive Verteidigung jederzeit sichergestellt sein. Während der zu erwartenden langen Verfahrensdauer kann es vorkommen, dass ein Anwalt verhindert ist. Ist für einen Angeklagten kein Verteidiger anwesend, kann nicht verhandelt werden. Aus diesem Grund sind weitere Verteidiger zu bestellen.

Werden alle 3400 Zeugen vor Gericht vernommen?
Alle Aussagen liegen dem Gericht vor. Über die Zeugenvernehmung entscheidet zunächst das Gericht. Im Anschluss daran haben die Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit, Beweisanträge zu stellen, s. o.

Wer bezahlt die entstandenen Kosten der Nebenkläger?
Das entscheidet das Gericht am Ende des Verfahrens. Im Falle einer Verurteilung der Angeklagten sieht die Prozessordnung vor, dass grundsätzlich die Angeklagten die Kosten des Verfahrens tragen. Dies schließt nach dem Gesetz grundsätzlich auch die Kosten der Nebenkläger ein. Wenn die Angeklagten freigesprochen werden oder das Verfahren wegen Verjährung eingestellt wird, müssen die Nebenkläger, die keine Prozesskostenhilfe bekommen, damit rechnen, dass sie ihre Kosten selbst tragen müssen. Die Kostenproblematik sollte unbedingt vor Beginn der Hauptverhandlung mit dem eigenen Rechtsanwalt besprochen werden.


Kann die Staatsanwaltschaft verhindern, dass der Prozess von der Verteidigung verschleppt wird, damit die absolute Verjährung eintritt?
Das Gericht entscheidet darüber, wann die Beweisaufnahme geschlossen wird. Die Staatsanwaltschaft wird jedoch - im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten - auf einen zügigen Fortgang des Verfahrens hinwirken.

Kann ich mich auch an den Europäischen Gerichtshof wenden?
Dazu muss der Rechtsweg in Deutschland erst ausgeschöpft sein.

Wo findet der Prozess statt?
Im Congress Center Ost bei den Messehallen in Düsseldorf.

Wie groß ist der Raum?
Platz wird für circa 500 Personen sein.

Benötige ich als Nebenkläger einen Anwalt?
Nein.

Gibt es eine Frist, Nebenkläger zu werden?
Nein, theoretisch ist dies auch noch während des Prozesses möglich. Eine gewisse Vorlaufzeit ist allerdings empfehlenswert.

Zahlt meine Rechtsschutzversicherung meine Kosten?
Darüber sollte man sich individuell bei seiner Versicherung erkundigen.

Kann ich Prozesskostenhilfe beantragen?
Grundsätzlich kann auch ein Nebenkläger Prozesskostenhilfe bekommen. Dazu ist ein Formular, das Angaben zu den persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen enthält, bei Gericht einzureichen. Ob die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegen, prüft das Gericht in jedem Einzelfall.

Was passiert, wenn ich als Zeuge benannt werde, aber aufgrund der psychischen Folgen der Geschehnisse während der Loveparade nicht in der Lage bin, in einem Raum mit vielen Menschen zu gehen?
Dies sollte man unbedingt frühzeitig dem Gericht mitteilen. Das Gericht sucht dann nach Lösungen, um die Gesundheit des Zeugen zu schonen.

Welche Einlasskontrollen wird es geben?
Vergleichbar mit den Kontrollen an einem Flughafen. Es wird noch eine Mitteilung des Gerichts dazu geben. Eine Mitteilung gibt es auch dazu, welche Gegenstände mit in den Sitzungssaal genommen werden dürfen.

Wie viele Plätze gibt es im Saal?
Rund 500 Plätze gibt es insgesamt, davon sind rund 50 für die Angeklagten und ihre Verteidiger, rund 100 für Nebenkläger und ihre Vertreter vorgesehen. Der Rest steht für die Öffentlichkeit und die Presse zur Verfügung. Eine gewisse Anzahl an Plätzen wird voraussichtlich für akkreditierte Journalisten vorgehalten. Die genaue Anzahl der Presseplätze wird noch bekanntgegeben.

Wird es geschützte Bereiche geben?
Ja, für die Nebenkläger, Verletzten und Hinterbliebenen soll ein Rückzugsbereich zur Verfügung gestellt werden.

Übersetzungen im PDF-Format:

Englisch
Spanisch
Niederländisch
Italienisch